Bewertung ökologischer Zustand

Zur Bewertung des ökologischen Zustands mit der biologischen Qualitätskomponente Phytoplankton steht das Online Tool PhytoFluss 5.1.x zur Verfügung.

Das multimetrische Bewertungsverfahren basiert auf zwei biologischen Kenngrößen oder Metriks:

1. "Biomasse":
Dieser Metrik bewertet gewässertypspezifisch die Biomasseentwicklung oder Trophie mit den Kenngrößen Chlorophyll a-Saisonmittel und Chlorophyll a-Maximum. Hier kann sowohl das Chlorophyll a nach DIN oder das Chlorophyll a unkorrigiert (ohne Phaeophytin-Abzug, "Gesamtpigment") verwendet werden.

2. Arten-Trophieindex "TIP":
Dieser Metrik bewertet regionsspezifisch gemäß den PhytoFluss-Regionen Mittelgebirge, Tiefland, Donaugebiet die taxonomische Zusammensetzung des Phytoplanktons mittels Trophieindikatoren.

Berechnung des Gesamtindex PhytoFluss: Die beiden Einzelmetriks gehen mit gewässertypspezifischen Gewichtungsfaktoren in die Mittelwertberechnung des Gesamtindex ein.

Die Algenklassen-Metriks "Pennales" (pennate Diatomeen), "Chloro" (Chlorophyceae) und "Cyano" (Cyanobacteria), sind nicht mehr bewertungsrelevant. Sie werden im Tool dennoch noch als Indices errechnet und zur Information und Experteneinschätzung ausgegeben. Für die Berechnung werden die Algenklassen nach der "alten" Harmonisierten Taxaliste Phytoplankton verwendet. Durch eine veränderte Systematik, welche in der HTL 2020 berücksichtigt wurde, ergaben sich zahlreiche Änderungen in der Algenklassenzuordnung. Würden diese berücksichtigt, müsste der Algenklassen-Metrik neu kalibriert werden. Dieser Aufwand wurde vermieden, zumal der Metrik nicht mehr bewertungsrelevant ist.

Biomasse-Metrik

Teilmetriks

  • Chlorophyll a-Saisonmittel
  • Chlorophyll a-Maximum

Es können sowohl Chlorophyll a nach DIN (mit Phaeophytinabzug) als auch das "Gesamtpigment" (Chlorophyll a unkorrigiert, d. h. ohne Phaeophytinabzug) zur Bewertung verwendet werden. Vorrangig wird Chlorophyll a nach DIN zur Bewertung herangezogen. Falls nur Gesamtpigment vorliegt, geht dieses in die Bewertung ein.

Das Ergebnis "Metrik Biomasse" ist der Mittelwert aus den beiden Chlorophyll a-Teilmetriks.

Berechnung des Saisonmittelwerts von Chlorophyll a nach DIN/Gesamtpigment
Die Messwerte der Einzeltermine aus dem Zeitraum März bis Oktober werden wie folgt verrechnet:

  1. Mittelwert aller Proben an einer Messstelle (zur Einbindung von Mehrfachproben)
  2. Monatsmittelwert (zur Einbindung von Mehrfachproben im Monat)
  3. Saisonmittelwert aus den Monatsmittelwerten von März bis einschließlich Oktober

Ermittlung eines bewertungsrelevanten Maximalwerts von Chlorophyll a nach DIN oder Gesamtpigment
Der Maximalwert wird wie folgt bestimmt

  1. Maximalwert der Chlorophyll a-Messwerte im Zeitraum März bis Oktober
  2. Prüfung: Maximalwert muss mehr als 150 % des Chlorophyll a-Saisonmittelwerts betragen, sonst ist dieser nicht bewertungsrelevant.

Klassengrenzen und Bewertungsformeln für die Kenngrößen des Chlorophyll a nach DIN oder des Gesamtpigment
Anhand der Kenngrößen Saisonmittelwert und Maximalwert des Chlorophyll a nach DIN oder des Gesamtpigments können anhand der Formeln in der Tabelle 3 die Bewertungszahlen oder Teilmetrik-Ergebnisse errechnet werden. Diese liegen meist zwischen 0,5 und 5,5. Ist dies nicht der Fall werden Indexwerte kleiner als 0,5 auf 0,5 und Werte größer als 5,5 auf 5,5 gesetzt.

Tab. 3: Zustandsklassengrenzen und Formeln für die Bewertung mit den Kenngrößen Saisonmittel- und Maximalwert von Chlorophyll a-nach DIN und Gesamtpigment. Alle Klassengrenzen in [µg/l].

Phytoplankton-Typ

Zustandsklassengrenze

Bewertungsformel

y = Bewertungszahl
x = Kenngröße [µg/L]

sehr gut/
gut

gut/
mäßig

mäßig/
unbefried.

unbefried./
schlecht

Kenngröße Saisonmittelwert Chlorophyll a DIN

10.1
20.1

7,9

13,5

23,2

39,8

y = 1,8527 * ln(x) – 2,322

9.2
15.1+17.1
15.2+17.2

15,6

25,7

42,7

70,3

y = 1,9907 * ln(x) – 3,97

10.2
20.2
23

23,4

40,6

70,2

122

y = 1,8168 * ln(x) - 4,227

Kenngröße Maximalwert Chlorophyll a DIN

10.1
20.1

15,8

27,0

46,4

79,6

y = 1,8527 * ln(x) – 3,68

9.2
15.1+17.1
15.2+17.2

31,2

51,5

85,4

140,6

y = 1,9907 * ln(x) – 5,35

10.2
20.2
23

46,8

81,1

140,4

244

y = 1,8168 * ln(x) – 5,487

Kenngröße Saisonmittelwert Gesamtpigment

10.1
20.1

10,1

17,5

30

51

y = 1,8527 * ln(x) – 2,7981

9.2
15.1+17.1
15.2+17.2

20

33

55

90

y = 1,9907 * ln(x) – 4,4749

10.2
20.2
23

30

52

90

155

y = 1,8168 * ln(x) – 5,9372

Kenngröße Maximalwert Gesamtpigment

10.1
20.1

20

35

60

102

y = 1,8527 * ln(x) – 4,0681

9.2
15.1+17.1
15.2+17.2

40

66

110

180

y = 1,9907 * ln(x) – 5,8449

10.2
20.2
23

60

104

180

310

y = 1,8168 * ln(x) – 4,6772

Metrik Arten-Trophieindex TIP

Im "Typspezifischen Indexwert Potamoplankton" (TIP) wird nach den PhytoFluss-Regionen Tiefland, Mittelgebirge und Donaugebiet unterschieden. Für jede PhytoFluss-Region gibt es eine eigene Indikatorliste (s. Tab. 2). Die Zuordnung der PhytoFluss-Region zu den Phytoplankton-Fließgewässertypen wird in "Qualitätskomponentenspezifische Typologie" erläutert.

Die Kalibration des TIP erfolgte im Wesentlichen entlang der Stressorgröße Gesamtphosphor im Saisonmittel. Die Indikatorlisten enthalten für jedes gefundene Indikatortaxon einen Stenökiefaktor und einen Trophie-Ankerwert (TAW), welcher als "Trophie-Optimum" zu verstehen ist.

In einigen Fällen umfasst ein Indikatortaxon mehrere Arten oder Varietäten und somit auch mehrere IDs der Harmonisierten Taxaliste Phytoplankton. Insbesondere in der Tieflandliste wurden auf Wunsch des LAWA-Expertenkreises Fließgewässer einige Indikatortaxa aus dem alten TIP (Version 2.2) übernommen. Diese sind ausnahmslos Gattungen, z. B. Cryptomonas oder noch größer gefasste Taxongruppen wie z. B. die Euglena-Lepocinclis-Gruppe. Aus diesem Grund ist einerseits in allen PhytoFluss-Regionen die Anzahl der HTL-Taxa immer höher als die Anzahl der Indikatortaxa (s. Tabelle 4). In der Tieflandliste werden durch die "Gattungs-Indikatortaxa" nochmal mehr HTL-Taxa eingeschlossen, so dass die Anzahl an HTL-Taxa mit 429 deutlich höher ist als in den übrigen Listen.

Tab. 4: Anzahl der Indikatortaxa in den drei Indikatorlisten zur Berechnung des TIP (ohne Synonyme). HTL = Harmonisierte Taxaliste Phytoplankton, ID =Taxoncode in der HTL.-Region

PhytoFluss-Region

Anzahl Indikatortaxa

Anzahl HTL-Taxa (ID)
mit Trophie-Optima

Donaugebiet (Donau)
Donau und ggf. ihre Zuflüsse

94

187

Mittelgebirge (M)
Gewässersysteme mit Mittelgebirgscharakter

114

248

Tiefland (T)
Gewässersysteme mit Tieflandcharakter

124

429

Die drei Eingangsgrößen zur Berechnung des TIP sind:

1. Biovolumen [mm3/l] des Indikatortaxons je Probe bzw. dessen Biovolumenklasse nach Tab. 5. Die "Biovolumenklasse" wird in den Bewertungs-Tools teils als "Abundanzklasse" geführt.

Tab. 5: Zuordnung der Taxonbiovolumina pro Probe zu den Biovolumenklassen für die Berechnung des TIP.

Biovolumen [mm³/l]

Biovolumenklasse

Biovolumen [mm³/l]

Biovolumenklasse

≤ 0,0001

1

> 0,1-1

5

> 0,0001-0,001

2

> 1-10

6

> 0,001-0,01

3

> 10

7

> 0,01-0,1

4

 

 

2. Trophieankerwert (TAW) oder Trophiewert des Indikatortaxons, angegeben im Sinne eines "Trophie-Optimums" in der Einheit der Gesamtphosphorwerte [µg/l].

3. Stenökiefaktor, drückt die Treue des Taxons zum Trophieschwerpunkt oder Trophieankerwert aus und nimmt Werte zwischen 0,5 und 4 an.

Berechnung des TIPGesP mit gewichteter Mittelwertbildung auf Basis von Probenbefunden
Da der TAW in der Einheit der Gesamtphosphorkonzentration (GesP) [µg/l] gewichtet gemittelt wird, entsteht bei der Berechnung ebenso ein Wert in der Dimension GesP-Wert [µg/l]. Dieses Zwischenergebnis wird deshalb als TIPGesP bezeichnet und wie folgt berechnet:

i = Laufindex des i-ten Indikatortaxons

Der TIPGesP stellt in dieser Form noch keine Bewertungsgröße dar.

Bewertung des Jahrgangs mit dem TIP
Aus den TIPGesP-Probenwerten wird ein Saisonmittel errechnet. Dieses ist immer noch in der Gesamtphosphor-Einheit [µg/l]. Die Bewertung erfolgt anhand der in Mischke & Riedmüller (2013) aufgestellten Zustandsklassengrenzen in planktondominierten Fließgewässern (Tab. 9). Berechnung:

  1. Schritt: Bildung eines Saisonmittelwerts aus den TIPGesP –Probenwerten.
  2. Schritt: Umrechnung des TIPGesP-Jahreswerts gemäß Zustands­klassengrenzen des Parameters GesP (Tab. 9) mit Anpassungsfunktionen, welche eine kontinuierliche Bewertungszahl innerhalb der Spanne von in der Regel 0,5 bis 5,5 erzeugen. Die Zuordnung von ökologischen Zustandsklassen erfolgt dann analog zum Gesamtindex PhytoFluss. Der Gesamtindex PhytoFluss sowie die Ergebnisse der Teilmetriks können anhand der Tab. 6 den ökologischen Zustandsklassen zugeordnet werden.

Die Gesamtphosphor-Grenzen der Zustandsklassen gelten für die PhytoFluss-Regionen Donau, Mittelgebirge und Tiefland gleichermaßen (Tabelle 2).

Tab. 6: Zustandsklassen-Obergrenzen des Gesamtphosphors in den Phytoplankton-Fließgewässertypen und Grundlage der Verankerung des TIPGesP in den ökologischen Zustandsklassen.

Ökologische Zustandsklasse

sehr gut

gut

mäßig

unbefriedigend

schlecht

Klassenobergrenze
Gesamtphosphor (GesP)
[µg/l]

54

90

150

250

>250

Formeln für die Berechnung der Bewertungszahl TIP
→ Bei TIPGesP-Jahreswerten < 54 µg/L (bis 53,99 µg/L; lineare Anpassung):
Bewertungszahl = 0,0185 x Jahreswert TIPGesP + 0,5

→ Bei TIPGesP-Jahreswerten ≥ 54 µg/L (ab 54,00 µg/L; LN-Anpassung):
Bewertungszahl = 1,9576 x ln(Jahreswert TIPGesP) - 6,3089

Weitere Erläuterungen zum TIP
Für eine gesicherte Bewertung mit dem TIP müssen im Jahresmittel (Mittelwert der in den Proben gefundenen Indikatortaxazahlen) mindestens 4,0 Indikatortaxa gefunden werden. Bei einer geringeren Anzahl wird der TIP als nicht gesichert angesehen und die Bewertung mit dem TIP sowie die Gesamtbewertung sind ungültig. Im Auswertetool wird dann keine Bewertung des TIP und des Gesamtindex PhytoFluss ausgegeben.

Um trotzdem eine gültige Bewertung zu erhalten, ist es nötig das Bestimmungsniveau z. B. durch eine Diatomeenanalyse zu vertiefen, wodurch weitere Indikatortaxa ermittelt werden. Danach muss eine erneute Bewertungsberechnung mit der erweiterten Befundeliste durchgeführt werden.

Da in den meisten planktonführenden Flüssen die centrischen Diatomeen im Plankton dominieren, ist eine tiefer gehende Diatomeenanalyse in der Regel sinnvoll.

In den Mittelgebirgen und im Donaugebiet wird die Phytoplanktonbiomasse oft durch erhöhte Abflüsse und damit einhergehend verringerte Verweilzeiten vermindert, sodass der Biomasse-Metrik weniger sensitiv auf das Trophiepotenzial reagieren kann. Aus diesem Grund stützt sich die Bewertung dort vermehrt auf die Trophieindikation mit Indikatorarten und der TIP besitzt eine höhere Metrik-Gewichtung. Hier wird ebenfalls empfohlen, eine Analyse von Diatomeen-Präparaten vorzusehen.

Gesamtindex PhytoFluss

Die beiden Metriks "Biomasse" und "TIP" gehen in die Mittelwertbildung für den Gesamtindex PhytoFluss mit Gewichtungsfaktoren ein (Tab. 7). Diese sind spezifisch für die Phytoplankton-Fließgewässertypen und wurden unter Berücksichtigung der Bewertungssicherheit der Metriks abgeleitet.

Tab. 7: Gewichtungsfaktoren der Einzelmetriks zur Berechnung des PhytoFluss Gesamtindex.

Phytoplankton-Typ

Gewichtungsfaktor
Metrik Biomasse

Gewichtungsfaktor
Metrik TIP

Stand

10.1
20.1

1

3

17.05.2016

9.2
15.1+17.1
15.2+17.2

1

1

17.05.2016

10.2
20.2
23

2

1

17.05.2016

Die Berechnung des Gesamtindex PhytoFluss erfolgt nach der Formel

GF 1 = Gewichtungsfaktor Biomasse, GF 2 = Gewichtungsfaktor TIP
Biomasse = Bewertungszahl Biomasse-Metrik
TIP = Bewertungszahl TIP-Metrik

Der Gesamtindex PhytoFluss sowie die Ergebnisse der Teilmetriks können anhand der Tab. 8 den ökologischen Zustandsklassen zugeordnet werden.

Tab. 8: Zuordnung Gesamtindex Bereiche zu den ökologischen Zustandsklassen.

Wertebereich der Teilmetriks und
des Gesamtindex PhytoFluss

Ökologische Zustandsklasse

0,50 – 1,50

1 = sehr gut

1,51 – 2,50

2 = gut

2,51 – 3,50

3 = mäßig

3,51 – 4,50

4 = unbefriedigend

4,51 – 5,50

5 = schlecht


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