Qualitätskomponentenspezifische Typologie

In Deutschland werden für die Umsetzung der EG-WRRL nur planktonführende Fließgewässer mittels Phytoplankton bewertet. Planktonführende Gewässertypen sind Fließgewässer, die im Saisonmittel zwischen März und Oktober eine mittlere Chlorophyll a-Konzentration über 20 µg/l unter natürlichen Abflussbedingungen aufweisen können. Dazu zählen alle sehr großen Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet größer als 10.000 km2. Zusätzlich werden in Deutschland mittelgroße Tiefland- und Mittelgebirgsflüsse untersucht, da ihre natürlichen physikalischen Gegebenheiten durch eine lange Fließstrecke, ein geringes Gefälle und durch eingebundene Flussseen ebenfalls ein erhebliches Wachstum von Phytoplankton erlauben. Bäche und kleine Flüsse sind von einer Bewertung mit Phytoplankton in aller Regel ausgenommen. Wenn diese dennoch planktonführend sind, z. B. einige kleineren Flüsse des Typs 9, kann das als Hinweis auf eine ökologische Degradation gewertet werden. Als diesbezüglicher Richtwert kann ein Saisonmittel der Chlorophyll a-Konzentration von 30 μg/l (beim Typ 22 von 60 μg/l) gelten.

Abb. 1: Links: Trebel bei Woitnick als Beispiel für ein langsam fließendes Gewässer des LAWA-Typs 23 (Foto: Ute Mischke, IGB). Rechts: Fließgewässer des LAWA-Typs 9 in der Niederung des Schwarzwaldes, der aufgrund der geringen Aufenthaltszeiten und hohen Fließgeschwindigkeiten kein Phytoplankton führt und deshalb nicht mit PhytoFluss bewertet wird (Foto: Roland Höfer).

Zur Bewertung des Phytoplanktons in Fließgewässern anhand PhytoFluss 5.1 werden acht Phytoplankton-Fließgewässer(sub‑)typen (PP-FG-Typ) unterschieden (Tab. 1). Sie liegen in den Ökoregionen "Zentrale Mittelgebirge" und "Norddeutsches Tiefland". Zusätzlich werden die Phytoplankton-Fließgewässertypen durch unterschiedlich große Einzugsgebiete (EZG) und die gebietsspezifischen Abflussspenden (L/(s*km²) voneinander unterschieden. Mit den Typisierungskriterien wird versucht, das Potenzial für eine Phytoplanktonentwicklung zu erfassen (Tab. 2, letzte Spalte).

Die Fließgewässerabschnitte können gemäß der Kriterien (Tab. 2 )

  • Ökoregion
  • Einzugsgebietsgröße (EZG)
  • flächenbezogene Abflussspende (Abfluss/EZG-Größe)

einem LAWA-Fließgewässertyp zugordnet werden.

Für den Artenindex TIP und die Verwendung der drei Regions-spezifischen Indikatorlisten wird zusätzlich nach den drei "PhytoFluss-Regionen" unterschieden:

  1. Donau-Einzugsgebiet (Donau)
  2. Mittelgebirge (M)
  3. Norddeutsches Tiefland (T)

Die Angabe der sogenannten "PhytoFluss-Region" erfolgt in der Eingangstabelle in einer Extraspalte.

Die Phytoplankton-Fließgewässertypen können gemäß Tab. 1 den LAWA-Fließgewässertypen zugordnet werden. Die Auswahl der richtigen "PhytoFluss-Region" muss vom Experten durchgeführt werden. Entscheidend dafür sind im Wesentlichen die Höhenlage und das Temperaturregime sowie die Verweil- bzw. Fließzeiten.

Tab. 1: Phytoplankton-Fließgewässertypen, LAWA-Typ, Kriterien der Subtypologie sowie mögliche PhytoFluss-Region für die Bewertung mit Phytoplankton (T = Tiefland, M = Mittelgebirge).

LAWA-Typ

Phytoplankton-typ

Bezeichnung des Phytoplankton-Fließgewässertyps

Kriterium
Phytoplankton-
"Subtyp"

PhytoFluss-Region/
Indikatorliste

Donau

M

T

9.2

9.2

große Flüsse des Mittelgebirges

 

X

X

X*

10

10.1

kiesgeprägte Ströme des Mittel­gebirges mit großer Abflussspende

Abflussspende
> 10 l/s/km2

X

X

 

10

10.2

kiesgeprägte Ströme des Mittel­gebirges mit kleiner Abflussspende

Abflussspende
< 10 l/s/km2

 

X**

X*

15, 15g, 17

15.1+17.1

sand-, lehm- und kiesgeprägte Tieflandflüsse mit kleinem EZG

EZG 1.000-5.000 km2

 

 

X

15, 15g, 17

15.2+17.2

sand-, lehm- und kiesgeprägte Tieflandflüsse mit großem EZG

EZG > 5.000 km2

 

 

X

20

20.1

sandgeprägte Ströme des Tief­landes mit großer Abflussspende

Abflussspende
> 10 l/s/km2

 

X***

 

20

20.2

sandgeprägte Ströme des Tief­landes mit kleiner Abflussspende

Abflussspende
< 10 l/s/km2

 

 

X

23

23

Rückstau- bzw. brackwasserbeein­flusste Ostseezuflüsse

EZG > 500km2

 

 

X

* Typ 9.2, 10.2 kann auch mit T-Indikatorliste bewertet werden, wenn die Höhenläge kleiner 200 m ü.NN beträgt und der Charakter den Tieflandgewässern ähnelt, z. B. Weser, Hess. Oldendorf oder Weiße Elster, uh. Gera.

** Typ 10.2-Abschnitte können auch unterhalb von 200 m ü.NN noch mit der M-Indikatorliste bewertet werden, wenn das Abflussregime dem des Mittelgebirges ähnelt (pluvial, nival), z. B. Elbe, Schmilka (NN+ 116 m) oder Main, Bischofsheim.

*** Typ 20.1-Probestellen liegen in Deutschland ausschließlich im Rhein, der wegen hoher Fließgeschwindigkeit seinen Mittelgebirgscharakter bis weit ins Tiefland hinein beibehält, z. B. Rhein, Duisburg.

Eine stimmige Zuordnung der PhytoFluss-Region ist im Übergangsbereich Mittelgebirge zu Tiefland schwierig (siehe oben *) und kann auch nach Plausibilität des Bewertungsergebnisses erfolgen. Innerhalb des Einzugsgebiets der Donau kann es passend sein, die Zuflüsse auch der PhytoFluss-Region Mittelgebirge zuzuordnen.

Ob sich in Fließgewässern Phytoplankton bilden kann, hängt von der Aufenthaltszeit bzw. den Fließzeiten ab sowie von weiteren Faktoren wie Trübe, Turbulenz und Grazing. Eine "wahrscheinliche" Biomasseausprägung in den Phytoplankton-Subtypen gibt die Tabelle 2 wider.

Tab. 2: Phytoplankton-Biomasseausprägung in den Phytoplankton-Fließgewässertypen. Chl a = Chlorophyll a, GesP = Gesamtphosphor.

Phytoplankton-typ

Bezeichnung des Phytoplankton-Fließgewässertyps

Biomasseausprägung
(Chl a pro GesP-Einheit)

9.2

große Flüsse des Mittelgebirges

hoch

10.1

kiesgeprägte Ströme des Mittel­gebirges mit großer Abflussspende

niedrig

10.2

kiesgeprägte Ströme des Mittel­gebirges mit kleiner Abflussspende

sehr hoch

15.1+17.1

(große) sand-, lehm- und kiesgeprägte Tieflandflüsse mit kleinem EZG

niedrig

15.2+17.2

(große) sand-, lehm- und kiesgeprägte Tieflandflüsse mit großem EZG

hoch

20.1

sandgeprägte Ströme des Tief­landes mit großer Abflussspende

niedrig

20.2

sandgeprägte Ströme des Tief­landes mit kleiner Abflussspende

sehr hoch

23

Rückstau- bzw. brackwasserbeeinflusste Ostseezuflüsse

sehr hoch

 
 

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