Probenahme & Aufbereitung

Probenahmegebiet

Das Vorkommen und die Wuchsdichte der Seegrasbestände im Gezeitenbereich des Wattenmeeres sind sehr ungleich verteilt (Abb. 1). Die größten und dichtesten Bestände finden sich im nördlichen Wattenmeer zwischen Eiderstedt und Skallingen, während im niederländischen Wattenmeer nur wenige Bestände mit sehr geringer Bewuchsdichte vorkommen. Diese Verteilung zeigt sich im deutschen Wattenmeer derart, dass z. B. im Jahr 2008 ca. 96 % der Seegrasvorkommen mit >20 % Bewuchsdichte in Schleswig-Holstein auftraten und nur 4 % im Niedersächsischen Wattenmeer (Van der Graaf et al. 2009).

Abb. 1: Verteilung der Seegrasvorkommen im Gezeitenbereich des NL-D-DK Wattenmeeres (aus: Van der Graaf et al. 2009).

Wegen dieser sehr ungleichmäßigen Verteilung der Seegrasvorkommen und der unterschiedlichen naturräumlichen Ausstattung werden an der deutschen Nordseeküste zwei Teilregionen unterschieden, für die jeweils angepasste Erfassungsmethoden und Bewertungsmaßstäbe entwickelt wurden. Generell werden jedoch dieselben Parameter bewertet.

Teilregionen der Seegraserfassung und -bewertung

1) Niedersächsisches Wattenmeer (Emsmündung bis Elbmündung)
Gewässertypen N2, N4

2) Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
a) Dithmarscher Wattenmeer (Elbmündung bis Eiderstedt):
Gewässertyp N4
b) Nordfriesisches Wattenmeer (Eiderstedt bis zur deutsch-dänischen Grenze):
Gewässertyp N2

Für das Niedersächsische Wattenmeer wird die Seegrasbewertung je Wasserkörper durchgeführt, während innerhalb des Dithmarscher und des Nordfriesischen Wattenmeeres die aneinandergrenzenden Wasserkörper gleichen Typs gemeinsam bewertet werden. Hier kommen Seegraswiesen besonders häufig auf den Wattwasserscheiden zwischen Tidebecken vor ‒ d. h. oft genau auf den Wasserkörpergrenzen ‒ und Samen tragende Sprosse werden in großem Umfang mit der Gezeitenströmung zwischen den Tidebecken, also innerhalb der genannten Wattgebiete, ausgetauscht (Dolch et al. 2015).

Während im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer Seegrasbestände erst ab einer Gesamtbedeckung von > 20 % in die Bewertung der vorhandenen Seegrasfläche eingehen, werden im niedersächsischen Bereich bereits Bestände mit ≥ 5 % Gesamtbedeckung berücksichtigt. Um eine gegenseitige Vergleichbarkeit der Seegrasdaten zu erreichen und zur Bewertung der Bewuchsdichte (in Schleswig-Holstein), wird aber in beiden Regionen zusätzlich auch die jeweils andere, d. h. die 20 %- bzw. die 5 %-Gesamtbedeckungsgrenze kartiert.

Freilanderhebung

Die Erfassung der eulitoralen Seegrasbestände erfolgt zur Hauptvegetationszeit der Seegräser von Juli bis September über Geländeerfassungen, die z. T. durch Fernerkundungsmethoden (Befliegungsdaten) unterstützt werden.

Niedersächsisches Wattenmeer

Die langfristige Entwicklung der Seegrasbestände wird durch Gesamtbestandserfassungen überwacht, die im Abstand von 6 Jahren durchgeführt werden. Durch Geländeuntersuchungen mit begleitender Luftbildauswertung werden Lage und Ausdehnung der Seegrasvorkommen ermittelt und Angaben zur Artenzusammensetzung und Bewuchsdichte dokumentiert (NLWKN 2013).

Fläche des Seegrasbestands

Alle Wattflächen, von denen Seegrasvorkommen bekannt sind oder für die aufgrund von Luftbildauswertungen aus jährlichen Befliegungen oder historischen Belegen vermutet werden können, werden mit Suchtransekten begangen. Als Seegraswiesen werden Bestände mit > 5 % Gesamtbedeckung und einem Abstand von maximal 25 Metern zwischen den einzelnen Seegrasbulten erfasst, indem sie entlang der Bestandsgrenze (5 %-Gesamtbedeckung) umrundet und mit GPS eingemessen werden (Abb. 2). Die 20 %-Gesamtbedeckungsgrenze wird zusätzlich kartiert. Hierdurch wird auch eine Vergleichbarkeit mit den schleswig-holsteinischen Daten möglich (s. o.). Aus den GPS-Daten werden mithilfe einer GIS-Software (ArcMap 10) die Seegrasflächen als Polygone dargestellt und die Flächengrößen berechnet (Adolph 2010, fog et al. 2014).

Abb. 2: Schematische Darstellung von Bestandsgrenzen zur Seegraskartierung, unterschiedliche Grüntöne deuten den variierenden Besatz an (NLWKN 2015 nach: „Seagrass Definitions“, CWSS 2006).

Bewuchsdichte und Arten

Die Erfassung erfolgt an Aufnahmepunkten entlang von Quer- und ggf. Längstransekten durch die Seegraswiesen, wobei die Punkte den Bestand repräsentativ abdecken sollen. Zur Bestimmung der Bewuchsdichte werden jeweils in einem Umkreis mit 15 m Radius um jeden Aufnahmepunkt Bedeckung und Besatz anhand folgender Klasseneinteilung geschätzt: < 1 %, 1 – < 5 %, 5 – 20 %, 20 – 40 %, 40 – 60 %, > 60 %. Die Bedeckung beschreibt dabei den prozentualen Anteil der besiedelten Seegrasbulten an der Gesamtfläche einer Seegraswiese, der Besatz den Anteil der von Seegrasblättern bedeckten Fläche innerhalb der besiedelten Bulten. Durch Verrechnung beider Variablen wird für jeden Aufnahmepunkt die Gesamtbedeckung ermittelt:

Aus den Gesamtbedeckungs-Werten der Aufnahmepunkte wird die mittlere Gesamtbedeckung der einzelnen Bestände (Polygone) ermittelt. Aus diesen Werten wiederum wird, nach Flächengröße gewichtet, für jeden Wasserkörper eine durchschnittliche Besiedlungsdichte des Gesamtbestandes berechnet.

Auch das Vorkommen nach Arten (Z. marina, Z. noltii) wird an den Aufnahmepunkten im Umkreis von 15 m Radius geschätzt (Adolph 2010, Küfog et al. 2014).

Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Fläche des Seegrasbestands

Die Gesamtkartierung der Seegräser wird aufgrund des großen Aufwandes auf 6 Jahre verteilt durchgeführt. Unterstützend werden auch Daten der jährlichen Befliegungen ausgewertet, die 3 mal pro Jahr im Sommer stattfinden.

In sechs aufeinanderfolgenden Jahren wird jeweils ein Sechstel der Wattfläche flächendeckend kartiert. Dabei werden die Bestandsgrenzen jedes Seegrasvorkommens entlang der 20 %- und der 5 %-Bedeckungsgrenze kartiert und mit GPS-Geräten aufgezeichnet (Abb. 3). Aus den Daten aller Teilgebiete werden mit einer GIS-Software (ArcMap 10) die Flächen der Seegraswiesen berechnet (Dolch et al. 2015).

Bewuchsdichte und Arten

Zur Erfassung von Bewuchsdichte und Artenzusammensetzung werden Transekte quer durch die Seegrasbestände gelaufen und Aufnahmepunkte eingemessen, sobald sich die Bestandsmerkmale verändern. Hier wird die Wuchsdichte des Seegrases anhand einer Klasseneinteilung geschätzt (keine, < 5 %, < 20 %, 20 – 40 %, 40 – 60 %, 60 – 80 %, > 80 %) und die Zusammensetzung aus den beiden Zostera-Arten protokolliert. Diese Punktdaten dienen dazu, die Bereiche mit einer hohen Bewuchsdichte von > 60% zu interpolieren, um ihre Flächen zu berechnen. Unterstützend werden dazu auch hochaufgelöste Luftbilder und Geländefotos herangezogen.

Auch die Verteilung der Seegrasarten innerhalb der Bestände wird auf diese Weise aus den Aufnahmepunkten bestimmt, wobei Zostera noltii, Zostera marina und Mischbestände (Mixed Zostera) unterschieden werden. Für die Einordnung einer Seegraswiese wird ein Anteil einer Art von 5 % oder eines Mischbestandes von > 10 % als ökologisch relevante Beteiligung an der Bildung des Bestandes bewertet (Dolch et al. 2010, 2015).

Abb. 3: Seegraskartierer mit GPS-Gerät bei der Arbeit (A). Die Grenzen der > 5 %- und > 20 %- Bedeckung werden zu Fuß eingemessen (B).


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